4. Muss man sein Produkt weiterentwickeln?
Es läuft gut im Start-up. Die Kunden sind zufrieden. Es werden immer noch mehr. Macht es dann Sinn überhaupt Zeit und Geld in die Weiterentwicklung zu investieren? Wenn man ein nachhaltig erfolgreiches Unternehmen führen möchte, dann ja. Denn ein Produkt mag noch so toll sein, wenn es sich nicht um einen Verbrauchsartikel handelt, den alle täglich verwenden, wie Klopapier, Brot oder Milch, dann wird früher oder später das sogenannte Produktleben beendet sein. Und vielleicht erleben wir sogar gerade den Niedergang von Brot und Milch. Jedenfalls in der altbekannten Form: Selbst die Bäcker müssen sich dem Markt anpassen und immer wieder neue Brotsorten anbieten und Food-Trends, wie glutenfreie Ernährung und Veganismus läuten möglicherweise gerade einen Wandel ein, wer weiß.
D I E I N H A L T E
Der Produktlebenszyklus
Der Produktlebenszyklus beschreibt in der Betriebswirtschaftslehre den Weg eines Produkts von der Markteinführung bis zur Herausnahme aus dem Markt. Unterteilt wird der Produktlebenszyklus in fünf Phasen: Einführung, Wachstum, Reife, Sättigung und Rückgang. Gezeigt wird dabei die für viele Produkte typische Entwicklung von Absatz oder Umsatz.
Wie lange der Produktlebenszyklus insgesamt und die einzelnen Phasen dauern, ist von Produkt zu Produkt verschieden und schwer vorherzusagen. Sich auf die Entwicklungen vorzubereiten ist jedoch in jedem Fall sinnvoll und dazu gehören auch Investitionen in Forschung und Entwicklung.
Die Phasen im einzelnen
Markteinführung
Die Markteinführung beginnt mit dem Moment, ab dem das Produkt von potenziellen Kunden gekauft werden kann. Sie endet, sobald das Produkt am Markt akzeptiert wurde und hohe Absatzzahlen zu verzeichnen sind. Um das genauer festzulegen, wird oft auch das Erreichen des Break-Even-Point als Ende der Markteinführungsphase bezeichnet. Der Break-Even-Point ist der Zeitpunkt, in dem man mit seinem Produkt weder Verluste noch Gewinne macht, also der Einstieg in die Gewinnzone. Der Break-Even-Point heißt deshalb auch Gewinnschwelle und lässt sich berechnen (Break-Even-Point = Absatz x Preis – Absatz x variable Kosten – Fixkosten = 0). Den Break-Even-Point zu erreichen ist das Ziel eines jeden Gründers.
Wachstumsphase
Die Wachstumsphase beginnt, sobald mit dem Produkt Gewinn erzielt wird. Wie der Name schon sagt, dauert sie an, solange Absätze und Umsätze wachsen. In dieser Phase werden immer mehr Kunden gewonnen, Konkurrenten werden verdrängt oder müssen Marktanteile abgeben. Wahrscheinlich ist in dieser Phase auch, dass neue Konkurrenten auf eurem Markt einsteigen. Die Wachstumsphase endet dann, wenn die Wachstumsraten zu sinken beginnen. Bereits in dieser Phase sollte überlegt werden, ob nicht mehr ganz so viel ins Marketing investiert, sondern besser darüber nachgedacht werden soll, ob und welche Produktvariationen entwickelt werden könnten.
Reifephase
Die Reifephase ist die Phase, in der sich das Produkt am Markt etabliert hat. Sie ist generell die profitabelste Phase und mit etwas Glück auch die längste. Auf Grund des Erfolges wächst in dieser Phase auch meist die Konkurrenz. Spätestens jetzt sollte man sich Gedanken darüber machen sollte, welche Weiterentwicklungsmöglichkeiten es für das Produkt oder das Unternehmen gibt.
Die Sättigungsphase
Irgendwann wird es sehr schwer weitere Kunden zu gewinnen. Denn irgendwann ist die Marktsättigung erreicht und ein Verdrängungswettbewerb unter den Konkurrenten setzt ein. Ein Wettkampf um günstigere Preise beginnt. Die Gewinnmargen werden so niedrig, dass es sich einfach nicht mehr lohnt. Manche Anbieter beenden dann die Produktion und damit den Produktlebenszyklus. Andere versuchen die Sättigung mit einem Relaunch des Produktes ein wenig hinaus zu zögern.
Verfall, Niedergang
Irgendwann wirkt jedes Produkt veraltet, neue attraktive Angebote stoßen auf den Markt. Der Absatz und Umsatz sinken immer weiter. Spätestens dann ist der Zeitpunkt gekommen, um mit einem neuen Produkt auf den Markt gehen. Und alle Investitionen in das Marketing für das neue Produkt zu stecken. Es entwickelt sich also im Laufe der Zeit idealerweise eine kontinuierliche Welle, ein Auf und Ab, eine stetige Weiterentwicklung des Start-ups und seiner Produkte.
Aufgabe: Kannst du die fünf Phasen eines Produktlebenszyklus in der richtigen Reihenfolge anordnen?
Wähle zunächst eine Option durch einen Klick aus und klicke anschließend auf die richtige Lücke
- Wachstum
- Sättigung
- Einführung
- Degeneration
- Reife
Innovation im Unternehmen
Ein innovatives Produkt auf den Markt zu bringen ist der Kern eines jeden Start-ups. Doch einmalig eine innovative Idee zu haben, reicht nicht aus, um ein Start-up zu einem nachhaltig erfolgreichen Unternehmen aufzubauen. Sich auf dem Status quo auszuruhen führt früher oder später in eine Abwärtsspirale.
Beispiel: Nokia hatte mit dem Nokia 1100 das erfolgreichste Handy aller Zeiten auf den Markt gebracht. Doch das Unternehmen konnte seine dominierende Rolle auf dem Mobilfunkmarkt nicht halten. Denn Nokia hat die Entwicklung hin zum Smartphone verschlafen. Dass sich die Wünsche der Kunden änderten, von einem Mobilgerät, mit dem man vornehmlich telefonieren und zusätzlich kurze Textnachrichten (SMS = Short Message Service) schicken konnte, hin zu einem Taschencomputer, den Smartphones, wurde zu spät erkannt. Heute gehört die Handy-Sparte von Nokia zu Microsoft.
Damit man neue Entwicklungen nicht verpasst, muss man sich also immer wieder fragen, ob das eigene Produkt immer noch die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden erfüllt oder ob diese gerade dabei sind sich grundlegend zu ändern. Dazu gilt es zunächst zu wissen, wozu und warum eure Kunden euer Produkt nutzen. Dann kann man im Anschluss überlegen, ob das Produkt diese Wünsche voll erfüllt oder ob das nicht noch besser ginge.
Was ist das Problem?
Bosch ist ein Weltkonzern und verkauft seit Jahrzehnten erfolgreich Bohrmaschinen. Bohrmaschinen sind dazu da Löcher zu machen. Aus diesem Grund werden sie verkauft: Löcher in der Wand kann man nicht kaufen. An dem Gerät an sich sind Kunden – vielleicht mit einigen Ausnahmen - nur begrenzt interessiert. Es ist Mittel zum Zweck. Genau wie das Loch. Denn wozu braucht der Kunde das Loch in der Wand? Um Bilder aufzuhängen oder Möbel an der Wand zu befestigen. Vielleicht lassen sich auf andere Weise auch Innovationen entwickeln, die dieses „Kernproblem“ direkter und einfacher lösen?
Genau diese Denkweise ist der Schlüssel zu zielführender und erfolgreicher Innovation. „Der Kunde ist König.“ Das gilt auch hier. Immer wieder sollte man sich die Frage stellen, was das eigentliche Problem des Kunden ist: Was möchte er mit der Nutzung des Produkts im Kern erreichen? Und dann: Löst unser Produkt das ideal? Geht es nicht noch besser, vielleicht auf ganz anderem Weg? So gelingt es einem Start-up schon früh möglicher Konkurrenz zu begegnen. Im Idealfall bevor sie entsteht. Die Änderung einzelner Features und kleine Verbesserungen des Produkts können der Anfang sein. Stehen bleiben sollte man dabei aber nicht.
Um radikale Innovationen im Unternehmen entwickeln zu können, kann wiederum das Vision Statement von großer Hilfe sein. Was will man mit dem Unternehmen erreichen, welchen Nutzen will man für den Kunden generieren, welchen Missstand bekämpfen? Wenn das klar ist, kann man sich daran machen, ohne Denkschranken eine umfassende Ideallösung zu finden. Diese Lösung muss nicht morgen oder übermorgen erreichbar sein. Sie kann völlig visionär erscheinen. Aber wenn man einmal ein großes Ziel vor Augen hat, wie „Eine Welt ohne Malaria“, „Landwirtschaft, die alle Lebewesen schützt“, „Alle Erdenbewohner sprechen eine Sprache“, kann man sich Schritte überlegen, wie es möglich wird, dem Fernziel Schritt für Schritt näher zu kommen.
Blickrichtung Zukunft
Die Innovation nimmt die Zukunft in den Blick. Es zählt nicht, was heute möglich ist, sondern was wir wollen, was in Zukunft möglich sein soll. Innovationen sindneue Produkte und Dienstleistungen für die Märkte von morgen, auf denen heute vielleicht noch unvorstellbare Geschäftsmodelle entstehen werden. In Unternehmen und Start-ups muss, um solche Innovationen entwickeln zu können, eine Kultur der Innovation herrschen. Dazu gehört, dass Rumspinnen erlaubt ist und Scheitern kein Fehler sondern eine wertvolle Erfahrung. Firmen wie Google ermutigen ihre Angestellte sich an einem Tag in der Woche (die sogenannte 20 Prozent-Zeit) mit eigenen Projekten zu beschäftigen. Projekten, die nichts konkret mit ihrem eigentlichen Aufgabengebiet zu tun haben, von denen die Mitarbeiter aber denken, Google könnte davon profitieren. So sind Gmail und Google News entstanden.
Validierung
Veränderungen sind schön und gut. Selbstzweck sollten sie aber nicht sein. Jede Veränderung und Innovation, jede Tätigkeit sollte in regelmäßigen, kurzen Abständen auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft werden. Hat sich der Arbeitseinsatz gelohnt? Ist das neue Produkt erfolgreicher im Vergleich zur alten Lösung? Kommt die neue Werbekampagne beim Publikum an? Diesen Schritt der Erfolgskontrolle nennt Eric Ries, der Vordenker der „Lean Startup“-Bewegung Validierung.
Nur wenn man aus seinen Fehlern lernt, kann man zukünftig die Dinge verbessern. Nicht alles was neu und anders ist, ist besser. Hier muss man ehrlich sein und sich fragen: Lohnt sich der Aufwand? Anhaltspunkte können zum Beispiel das Einholen von Kundenfeedback liefern oder A/B-Tests: Ein Teil der Kunden (Gruppe A) erhält das Produkt mit, der andere Teil (Gruppe B) das Produkt ohne das neue Feature. Und dann wird die Zufriedenheit verglichen.
Etwas als Erfolg oder Nicht-Erfolg zu definieren geht natürlich erst, wenn klar ist, was das Ziel ist: Absatzsteigerungen, Senkung der Eigenkosten, CO²-neutrale Produktion, oder was auch immer. Durststrecken gilt es immer wieder zu überwinden. Nicht jeder Erfolg stellt sich von heute auf morgen ein. Aber irgendwann sollte die Änderung positive Folgen haben. Falls sich jedoch kein Erfolg einstellt, sollte ein Pivot erfolgen, also eine Richtungsänderung. Entweder die Rückkehr zum alten Modell oder eben eine andere neue Lösung.
Die konstante Entwicklung neuer Produkte stellt also letztlich einen kontinuierlichen Lernprozess im Unternehmen dar.
Etablierung einer Innovationskultur
Sei offen, investiere Zeit in Projekte, die vielleicht nicht sofort Umsatz generieren, die aber dem Unternehmen auf lange Sicht nutzen können - das ist der Grundgedanke hinter einer Innovationskultur im Unternehmen. Das von hoher Stelle gesagt zu bekommen, führt dazu, dass Angestellte nicht in ihrem Alltag, ihren Excel-Tabellen und E-Mails verhaftet bleiben, sondern ihren Blick weiten. Immer wieder wird die Schwarmintelligenz beschworen. Also, warum nicht das Innovationspotenzial aller Mitarbeiter nutzen? Geniale Ideen entstehen nicht nur in der Chefetage.
Einige Unternehmen gehen einen ganz anderen Weg und etablieren gesonderte Innovations-Abteilungen. Auch das ist sinnvoll. Nicht jeder Mitarbeiter ist gern kreativ, manche möchten klare Aufgaben haben und sich diese nicht erst selbst suchen müssen. Was durch die Etablierung der Innovations-Abteilung klar wird: Innovation und Kreativität sind gerne gesehen und werden gefördert. Wenn Mitarbeiter merken, dass nicht „Weitermachen wie bisher“ und „Das haben wir schon immer so gemacht“ Leitbilder des Unternehmens sind, dann ist es für sie leichter auch selbst Innovationen zu entwickeln, Neuerungen als positive Veränderung wahrzunehmen und sie mit Motivation und Enthusiasmus zu unterstützen.